Von den Grenzen der Vorstellungskraft, Spaghettifizierungs-Prävention und menschlichem Unwissen | About Limits of Imagination, Spaghettification-Prevention and our General Lack of Knowledge

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5 Fragen zu Schwarzen Löchern inspiriert und beantwortet durch den Vortrag zu Schwarzen Löchern von Daniel Grumiller (TU Wien)

Was ist ein Schwarzes Loch?

Ja, was ist denn das überhaupt? Viele Menschen kennen Schwarze Löcher wohl aus dem Film „Interstellar“, der tatsächlich eine gute Informationsquelle darstellt, wenn man bedenkt, dass die Darstellungen in diesem Film in Kooperation mit WissenschaftlerInnen und echten Daten simuliert worden sind. Und in dem Film sieht das Schwarze Loch doch ziemlich genial aus, oder? Aber in der Realität hilft uns unser limitiertes menschliches Vorstellungsvermögen mit seiner beharrlichen Ignoranz bezüglich sehr großer, wie auch sehr kleiner Zahlen und ganz besonders der Unendlichkeit beim tatsächlichen Begreifen von Schwarzen Löchern nicht sehr viel weiter. Auch menschlich ist aber, dass wir trotzdem versuchen, das Universum zu verstehen.

Versuchen wir es zu vereinfachen, dann ist ein Schwarzes Loch ein extrem dichtes Objekt, dessen gravitative Anziehungskraft so enorm ist, dass selbst das Schnellste im Universum, das Licht, und mit ihm jegliche Information, ihr nicht mehr entweichen kann. Somit sind Schwarze Löcher gewissermaßen riesige, unersättliche Informationsschlucker. Das bedeutet, dass wir über nichts, was innerhalb einer gewissen Grenze (dem sogenannten Ereignishorizont) in einem Schwarzen Loch passiert, Informationen erhalten können. Selbst diese Vereinfachung ist meiner Meinung nach ein Mind-Blow, ganz wie man ihn von der Astrophysik kennt.

 

Seit wann wissen wir von der Existenz Schwarzer Löcher?

Das komische an dem Wissen um Schwarze Löcher ist, dass eben dieses Wissen innerhalb der Wissenschaft lange Zeit nicht sehr ernst genommen wurde. Erstmalig erwähnt wurde die Idee eines Objekt, dessen Masse so groß ist, dass auch Licht nicht mehr entweichen kann, 1783 von John Michell. Aber es sollte noch fast anderthalb Jahrhunderte dauern, bis diese Objekte durch Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie und der damit entstandenen Mathematik zu mehr als nur einer Idee wurden. Doch sowohl Einstein selbst, als auch die anderen Wissenschaftler dieser Zeit, waren von dem Konzept der Schwarzen Löcher äußert verwirrt. Erst im Jahre 1965 konnte Roger Penrose beweisen, dass Schwarze Löcher eine unausweichliche und vollkommen zu erwartende Folge der Allgemeinen Relativitätstheorie sind. Genau für dieses Verdienst erhielt Roger Penrose dieses Jahr den Nobel Preis für Physik.

 

Was passiert in einem Schwarzen Loch?

Die Frage der Fragen. Gibt es etwas auf der anderen Seite eines Schwarzen Lochs und was passiert, wenn wir hindurchfliegen? So ungern ich ihre (auch meine) Fantasien untergrabe, es deutet alles darauf hin, dass es keine „andere Seite“ eines Schwarzen Lochs gibt. Das Fehlen eines Ausgangs wird auch als zugestöpseltes Schwarzes Loch bezeichnet: Es gibt vermutlich keine andere Seite, nur einen „zugestöpselten Flaschenhals“. Aber wie wir ja alle wissen: Wir können nicht alles wissen. Jedoch unabhängig davon, ob es eine „andere Seite“ gibt, können wir die zweite Frage gut beantworten: Was passiert, wenn wir in ein Schwarzes Loch hineinfliegen? Nun ja, auch das ist problematisch. Wenn sich beispielsweise eine Astronautin auf ein Schwarzes Loch zubewegt, würden ihre Füße durch die Gezeitenkräfte in starken Gravitationsfeldern stärker angezogen, als ihr Kopf. Unvermeidlich würde die arme Astronautin der Spaghettifizierung zum Opfer fallen: Sie würde ausgedehnt und schließlich zerrissen werden, lange bevor sie in den Genuss einer Dimensions-Reise oder dergleichen käme. Die schlechte Nachricht: Diese tödliche Spaghettifizierungs-Reisewarnung betrifft nicht nur kleine Schwarze Löcher, sondern auch Neutronensterne. Die gute Nachricht: Je größer das Schwarze Loch, umso geringer wird die Spaghettifizierung. (Am Horizont von supermassiven Schwarzen Löchern ist der Spaghettifizierungseffekt sogar kleiner als auf der Erde!) Sollten Sie sich also jemals in der Situation befinden, sich in ein Schwarzes Loch begeben zu müssen, dann wählen Sie das größte, das Sie finden können, wenn Sie nicht vollends spaghettifiziert werden wollen.

 

Stellen Schwarze Löcher eine Gefahr für uns da?

Jain. Da sich in unserer kosmischen Nachbarschaft kein Schwarzes Loch  befindet, sind wir nicht in unmittelbarer Gefahr. Wenn wir nahe eines Schwarzen Lochs leben würden, sähe unsere Welt vermutlich ganz anders aus. Weil wir uns aber glücklich schätzen können, nicht betroffen zu sein, machen sich die Menschen sogar Gedanken darüber, die unglaublichen Kräfte eines Schwarzen Lochs für unsere Zwecke zu nutzen. Etwa in Form von Micro Schwarzen Löchern, die Kernfusion anfeuern sollen, oder in Form des Penrose-Prozesses, mit dem man zumindest in der Theorie Energie aus Schwarzen Löchern gewinnen könnte. Aber in naher Zukunft einen Nutzen aus Schwarzen Löchern zu ziehen, ist ebenso unrealistisch wie eine unmittelbare Gefahr durch ein Schwarzes Loch: Sie sind viel zu weit weg

 

Was wissen wir noch nicht?

Ich würde diese Frage am liebsten andersherum stellen: Was wissen wir schon? Das Universum ist von solcher Größe und Komplexität, dass mir das angemessener erscheinen würde. Ich will Sie jedoch nicht weiter mit unserer Nichtigkeit in einem riesigen Universum, das eines von vielen sein könnte, strapazieren. Was sind denn tatsächlich die großen Forschungsfragen bezüglich Schwarzer Löcher? Die ultimative Frage ist die nach der Theorie von wortwörtlich allem, oder wissenschaftlicher ausgedrückt, der Theorie der Quantengravitation. Diese Theorie soll das ganz Große mit dem ganz Kleinen, also die Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik vereinen. Diese beiden treffen sehr signifikant in Schwarzen Löchern aufeinander.

Wenn wir Menschen also tatsächlich eines Tages diese ultimative Frage nach der Theorie von Allem, vielleicht durch die Beobachtung von Schwarzen Löchern, beantworten können, dann würden uns etwaige Aliens vielleicht endlich der Kommunikation würdig erachten.

 

Über die Autorin:

Anna Kučera ist eine 15-jährige Realgymnasiastin mit einer großen Affinität für Naturwissenschaften, Memes, Optimistischen Nihilismus, kreative Hirngespinste und das Universum als Ganzes. Auch inkludiert: Ein Hang zur Diskussion über die ganz großen Fragen und die Ironie unserer Existenz.

 

 

 

[English Version:]

A Q&A about Black Holes inspired by and based upon the lecture on Black Holes by Daniel Grumiller (TU Vienna

What is a Black Hole?

Well, what is that, really? Most people have seen Black Holes in the movie “Interstellar”, which is in fact a valid source of information when one considers the fact that the animations in that movie are based on real data and were simulated by scientists. And in the movie the Black Hole looks pretty awesome, right? In reality, though, our limited human imagination with its persistent ignorance towards very big as well as very small numbers and especially infinity doesn’t get us very far in actually understanding Black Holes. Regardless, it is a very human thing to try to understand it anyway.

When breaking it down a Black Hole is essentially an extremely dense object whose gravitational attraction is so enormous even the fastest thing in the universe, light, and with it all information, cannot escape anymore. Thus, Black Holes are, to a certain extent, gigantic, insatiable information-guzzlers. This means we cannot know anything about any events inside a black hole beyond a certain imaginary border, the Event Horizon. Even this simplified version is just as mind-blowing for us humans as one would expect it from an astrophysical phenomenon, in my opinion

 

How and when did we find out about the existence of Black Holes?

The funny thing about the knowledge about the existence of Black Holes is that this very knowledge was regarded as controversial within the scientific community for quite some time. The idea of an object whose mass is so big, even light cannot escape, was first mentioned in 1783 by John Michell. It should take nearly one and a half centuries, though, for this idea to grow into something more due to Einstein’s General Theory of Relativity and the mathematic developed for it. But scientists, including Einstein himself, were quite confused by the concept of Black Holes. It was only in the year 1965 that Roger Penrose finally developed the mathematical tools to prove that Black Holes are an inevitable and a fully to be expected consequence of the General Theory of Relativity. For this contribution Roger Penrose received the Nobel Prize in Physics this year

 

What happens inside a Black Hole?

The ultimate question. Is there anything on the other side of a Black Hole and what would happen if we tried to fly through? As reluctant as I am to sabotage your (and my) phantasies, everything points to the conclusion that there is no “other side” of a Black Hole. Presumably, there is only something analogous to a stoppered bottle neck. But as we all know: We do not know everything. However, regardless of the might-or-might-not existence of “the other side”, we can answer the second question pretty clearly: What would happen if we flew into a Black Hole? Well, this is also quite problematic. Let there be an Astronaut flying to a Black Hole. On approaching it, the Astronaut’s feet would be exposed to stronger gravitational attraction than her head, due to tidal forces in strong gravitational fields. Inevitably, the Astronaut would be spaghettified: Her body would be stretched out and finally she would be torn apart, long before she would get to enjoy any such thing as interdimensional travelling. The bad news do not stop there: This deadly travel warning applies not only to small Black Holes, but also to Neutron Stars. There is hope, though: The bigger the Black Hole, the lesser the Spaghettification. (The tidal forces near the horizon of supermassive Black Holes are even less than on earth, in fact.) So, if you ever find yourself face to face with having to fly into a Black Hole, make sure to choose the biggest one available, if you do not want to be fully spaghettified

 

Are Black Holes a danger to humanity?

Not really. In our immediate cosmic neighbourhood there are no Black Holes and thus we are not directly endangered. In the case we were to live near a Black Hole our world would probably look very different. But thanks to the fact that we are not affected by this fate humans have spent quite some time thinking about how to use the incredible power of Black Holes to our advantage. One could imagine inducing Micro Black Holes in order to power nuclear fusion. Roger Penrose invented the Penrose Process, which could harvest energy from Black Holes. But there is one important thing which seems to prevent both the destruction of our world and our aims to take advantage of Black Holes: They are too far away

 

What do we not know yet?

I would like to pose these questions the other way around: What do we already know? The universe is so ridiculously huge and complex this question would seem more appropriate to me. I do not want to push my talking about our inanity in this huge universe that is possibly just one of many. Instead I want to answer a simpler question: What are the big questions concerning Black Holes? The ultimate question is asking for a theory of everything or, scientifically, the Theory of Quantum Gravity. This theory is supposed to combine the very big stuff and the very small stuff , thus the Theory of Relativity and Quantum Mechanics. These two theories clash significantly in Black Holes.

So if we, the human race, were to someday answer this ultimate question about the Theory of Everything, possibly through the observation of Black Holes, maybe the aliens would finally consider us worthy of their attention.

 

About the Author:

Anna Kučera is a 15-year-old high school student with a tremendous affinity for science, memes, Optimistic Nihilism, unrestricted creativity and the universe in its entirety. Also included: A fundamental urge to discuss the big questions and the incredible irony of our existence.